Wir bringen Ermittlungsverfahren zügig zur Einstellung (1)

von Thomas Ax

Gem. § 170 Abs. 1 StPO hat die Staatsanwaltschaft Klage zu erheben, sofern die Ermittlungen genügenden Anlass bieten. Aus Abs. 2 ergibt sich, dass sie, wenn dies nicht der Fall ist, „andernfalls“ das Verfahren einstellen soll. Eine Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO kommt mithin also in Betracht, wenn kein „hinreichender Tatverdacht“ besteht.

Von “hinreichendem Tatverdacht” ist auszugehen, wenn nach dem gesamten Akteninhalt bei vorläufiger Tatbewertung die Verurteilung des Beschuldigten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist u.a.

BGHSt 23, 304, 306; NStZ-RR 2017, 593 [für Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 211];

OLG Düsseldorf NStZ-RR 2008, 348;

OLG Koblenz NJW 2013, 98;

ähnlich OLG Saarbrücken NStZ-RR 2009, 88;

zur sog. “Beweisbarkeitsprognose” auch OLG Celle StV 2016, 13 für Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

Die Aufklärung von Widersprüchen und diffizile Beweiswürdigungsfragen dürfen aber der HV überlassen werden

zum Anfangsverdacht einer Urheberrechtsverletzung durch im Ausland ansässige Händler OLG Bremen, Beschl. v. 21.9.2017 – 1 Ws 55/17;

zu BtM-Bestellungen im sog. Darknet – Tatverdacht jeweils verneint – AG Freiburg StRR 4/2017, 4; AG Iserlohn, Beschl. v. 10.3.2017 – 16 Ds 139/17; AG Köln, Beschl. v. 19.12.2016 – 543 Ds 437/16; AG München, Beschl. v. 17.3.2017 – 1112 Ds 362 Js 2300003/15;

zur Aussage-gegen-Aussage-Konstellation AG Backnang, Beschl. v. 23.7.2014 – 2 Ls 113 Js 112185/12).

Gerade deshalb müssen wir als Verteidiger immer überlegen und abwägen, ob unser Sachvortrag zur Akte ggf. deshalb nicht zielführend ist, weil eine Klärung der HV vorbehalten bleiben und die StA sich hierauf einstellen kann.

Eine Einstellung gem. § 170 Abs. 2 StPO führt nicht zum Strafklageverbrauch. Stößt die Staatsanwaltschaft z.B. später auf weitere Beweismittel, die eine Verurteilung des Beschuldigten in einer Hauptverhandlung wahrscheinlich werden lassen, so kann sie jederzeit, sofern Verjährung noch nicht eingetreten ist, die Ermittlungen wieder aufnehmen und Anklage erheben.

Die Einstellung des Verfahrens erfolgt durch einen Bescheid. Von der Einstellung ist der Beschuldigte gem. § 170 Abs. 2 S. 2 StPO in Kenntnis zu setzen, wenn er vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war. Das gleiche gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.