Ein Autofahrer ist am 20.12. in Magdeburg auf dem Weihnachtsmarkt in eine Menschenmenge gerast. Der mutmaßliche Täter soll über den Flucht- und Rettungsweg auf den Weihnachtsmarkt gelangt sein. Nach Angaben der Stadt Magdeburg war dieser Weg nicht durch Sperren oder Poller geschützt. Es seien aber mobile Einsatzkräfte der Polizei dort stationiert gewesen. Bei dem Anschlag starben fünf Menschen, darunter ein Kleinkind. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen. Ein Richter erließ jetzt einen Haftbefehl.
Wer ist verantwortlich?
Der Veranstalter einer Großveranstaltung ist für die Sicherheit der Besucher verantwortlich und muss ein Sicherheitskonzept vorlegen. Der Schutz vor Terroranschlägen ist eine Aufgabe des Staates. Zufahrtssperren dienen der Abwehr von Terroristen, verhindern aber auch die Zufahrt von anderen Personen, die aus nicht-terroristischen Gründen anderen Menschen Schaden zufügen möchten.
Die Abwehr terroristischer Gefahren obliegt grundsätzlich den staatlichen Organen als Ausfluss des an den Staat gerichteten grundrechtlichen Schutzauftrages und als Kehrseite des staatlichen Gewaltmonopols. Dies schließt die Heranziehung Privater zur ergänzenden Gefahrenvorsorge nicht aus, diese bedarf jedoch einer Ermächtigungsgrundlage (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1985 – BverwG 4 C 76.82 – juris zur Sicherungspflicht des Flughafenbetreibers, BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – BverwG 7 C 31.87 – juris, insb. Rn 14 zum bewaffneten Werkschutz im Kernkraftwerk und OVG Münster, Urteil vom 19. Juni 2013 – 4 A 1065/12 – juris zur Heranziehung eines Hafenbetreibers zu Kontrollpflichten aus privatrechtlichen Eigensicherungspflichten).
Wie dem jüngsten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur gebührenrechtlichen Inanspruchnahme des Nichtstörers als Nutznießer verstärkter Polizeipräsenz zu entnehmen ist, bedarf es etwa für die finanzielle Heranziehung von Veranstaltern sog. Hochrisikoveranstaltungen, in deren Verlauf durch Teilnehmer der Veranstaltung begangene Gewalthandlungen zu erwarten sind, die den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte erforderlich machen, einer gesetzlichen Grundlage (BVerwG, Urteil vom 29. März 2019 – BVerwG 9 C 4.18 – juris). Ausgehend hiervon ist für die Heranziehung des Sondernutzers einer öffentlichen Grünanlage zur Vornahme und Finanzierung von Maßnahmen zur Abwehr der abstrakten Gefahr terroristischer Angriffe im Erstrechtschluss eine den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots genügenden Rechtsgrundlage erforderlich.
Ein Veranstalter, der die Sondernutzung zB einer öffentlichen Grünanlage für eine Großveranstaltung wie einen Weihnachtsmarkt beantragt, kann aus dem Grünanlagenrecht des Beklagten nur für solche Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit herangezogen werden, die mit der Veranstaltung in einem inneren Zusammenhang stehen. Dazu gehören insbesondere Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren, die typischerweise mit der Durchführung der Veranstaltung verknüpft und in zurechenbarer Weise auf die Sondernutzung selbst zurückzuführen sind.
Nicht in den Verantwortungsbereich des Veranstalters fallen hingegen präventive Maßnahmen zur Abwehr der abstrakten Gefahr terroristischer Angriffe, die sich “von außen” gegen die Veranstaltung und deren Besucher richten. So kann es etwa – je nach Art der Veranstaltung und Zahl der zu erwartenden Veranstaltungsbesucher – dem Veranstalter obliegen, im Einvernehmen mit den für Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden, insbesondere der Polizei und der Feuerwehr, ein Sicherheitskonzept aufzustellen und einen Sicherheits- und Ordnungsdienst einzurichten. Nicht in den Verantwortungsbereich des Veranstalters fallen hingegen präventive Maßnahmen zur Abwehr der abstrakten Gefahr gezielt in feindlicher Absicht gegen die Veranstaltung und deren Besucher gerichteter, rechtswidriger Angriffe “von außen”. Derartige Gefahren weisen nämlich keinen hinreichend engen Bezug zur Zweckbestimmung der Genehmigungsvorschrift im Grünanlagenrecht auf und sind in diesem Sinne nicht “grünanlagenspezifisch”. Entsprechend sind sie auch dem Veranstalter in keiner Weise – auch nicht als Zweckveranlasser – zuzurechnen. Ausgehend hiervon lag die vorübergehende Aufstellung transportabler Barrieresegmente auf öffentlichem Straßenland zum Zweck der Gewährleistung eines sog. Grundschutzes gegen Hochgeschwindigkeitseinfahrten von Fahrzeugen im alleinigen Verantwortungsbereich der staatlichen Organe.
Dieses Ergebnis wird durch einen Vergleich mit dem Gewerberecht bestätigt, das anders als das Grünanlagenrecht ausdrückliche Vorschriften zum Schutz von Veranstaltungsteilnehmern enthält. Dieser Vergleich bietet sich vorliegend in besonderer Weise an, wenn der Weihnachtsmarkt zugleich auch als Spezialmarkt im Sinne von § 68 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) festgesetzt wird. § 69a Abs. 1 Nr. 3 GewO, der auch auf Spezialmärkte Anwendung findet, normiert, dass der Antrag auf Festsetzung unter anderem dann abzulehnen ist, wenn die Durchführung der Veranstaltung dem öffentlichen Interesse widerspricht, insbesondere der Schutz der Veranstaltungsteilnehmer vor Gefahren für Leben oder Gesundheit nicht gewährleistet ist (vgl. auch die entsprechenden, im Auflagenvorbehalt des § 69 a Abs. 1 Satz 2 GewO und in § 69 b Abs. 2 GewO – Aufhebung der Festsetzung – normierten Vorgaben). Nach einhelliger Meinung in Kommentarliteratur und Rechtsprechung ist eine Gefahr für Leib oder Gesundheit im Sinne dieser Vorschrift nur anzunehmen, wenn diese konkret ist und unmittelbar droht (BeckOK GewO, Pielow, 46. Edition, Stand: 01.06,2019 Rn. 9 und Landmann/Rohmer GewO/Schönleiter, 80. EL Januar 2019, GewO § 69a Rn. 8a, jeweils m.w.N.). Eine derartige Gefahrenlage liegt dann vor, wenn ein Zustand oder ein Verhalten bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit zu einem Schaden an einem einschlägigen Rechtsgut führt. Es besteht jedoch lediglich die abstrakte Gefahr terroristischer Anschläge auf den Weihnachtsmarkt. Abgesehen davon, dass von den Gefahren für Leib oder Gesundheit im Sinne von § 69a GewO Gefahren nicht umfasst sein dürften, die durch gezielte Terrorangriffe unter Einsatz von Fahrzeugen als Tatmittel verursacht werden, ist kein Grund dafür ersichtlich, dass im Grünanlagenrecht ein strengerer Maßstab hinsichtlich des Gefahrengrades gelten sollte, als im Gewerberecht.