Pech gehabt? Vorladung erhalten? Was ist zu tun?

von Thomas Ax

Für den Beschuldigten ist der Vorwurf einer Straftat und ein Ermittlungsverfahren oft ein absoluter Ausnahmezustand.

Polizei und Staatsanwaltschaft, die als objektive Behörden eigentlich sowohl in be- als auch entlastender Hinsicht ermitteln sollen, werden diesem Anspruch nicht gerecht. Wir erleben oft, dass man sich vorschnell auf einen Unschuldigen als Täter festgelegt hat, weil auf den ersten Blick alles eindeutig zu sein schien. Entscheidet sich der Beschuldigte in derartigen Fällen für eine Aussage im Rahmen einer Vorladung, genügt bereits die missverständliche Formulierung eines Satzes, um den Verdacht zu erhärten.

„Vor allem bei unschuldigen Mandanten erlebe ich häufig den Drang, den Sachverhalt aufklären zu wollen. Dies sollten Sie nicht auf eigene Faust tun. Oftmals ergibt sich aus der Ermittlungsakte gar kein hinreichender Tatverdacht, sodass das Verfahren mit einem schriftlichen Antrag zur Einstellung gebracht werden kann und das ohne das Wagnis einer Einlassung.“

Entgegen der landläufigen Meinung ist der Beschuldigte niemals verpflichtet, einer Vorladung als Beschuldigter von der Polizei Folge zu leisten. Nichtsdestotrotz halten die ermittelnden Beamten gerne den Eindruck aufrecht, man müsse als Beschuldigter zum Termin der Vorladung bei der Polizei erscheinen: Die Floskel „wenn Sie uns nichts sagen möchten, können wir Ihnen auch einfach eine Vorladung schicken!“ findet sich leider nicht nur in Krimifilmen. Sie ist leider auch tatsächlicher Alltag der Polizei. Begünstigt wird dieser Irrglaube insbesondere durch den Passus unten im Text der Vorladung: „Im Verhinderungsfalle bitte ich um rechtzeitige Mitteilung unter Angabe des Verhinderungsgrundes.“ Die rechtzeitige Absage der Vorladung als Beschuldigter mag zwar höflich sein. Verpflichtet ist der Beschuldigte im Strafverfahren hierzu jedoch nicht. Noch weniger ist der Beschuldigte gegenüber der Polizei Rechenschaft bezüglich des Grundes schuldig, weshalb er nicht zur Vorladung von der Polizei kommen kann. Vor Akteneinsicht, die grundsätzlich nur durch einen Rechtsanwalt möglich ist, sollte am besten gar nicht mit der Polizei kommuniziert werden.

Wir raten zu diesem Zeitpunkt, der Beschuldigtenvorladung von der Polizei nicht Folge zu leisten und zu den erhobenen Vorwürfen zunächst zu schweigen. Den Termin bei der Polizei sollten Sie absagen lassen. Selbstverständlich kann es unter Umständen angebracht sein, als Beschuldigter eine Aussage zu machen (juristisch ausgedrückt „sich einlassen“).

Ob eine Einlassung ratsam ist, kann jedoch erst beurteilt werden, wenn die bisherigen Ermittlungsergebnisse bekannt sind. Dies ist der Fall, wenn die Ermittlungsakte von einem versierten Strafverteidiger überprüft worden ist. Grundsätzlich kann nur ein Rechtsanwalt uneingeschränkte Einsicht in die Ermittlungsunterlagen erhalten.

Ihr Schweigen darf und wird Ihnen niemals nachteilig ausgelegt werden. In Wahrheit treffen die Ermittler überhaupt nicht die Entscheidung, ob ein Strafverfahren mit einer Anklage oder der Einstellung endet. Dies tut alleine die Staatsanwaltschaft. Diese darf es weder für noch gegen Sie werten, wenn Sie den Termin zur Vorladung absagen. Dasselbe gilt für das Gericht, wenn es später zu einer Hauptverhandlung kommen sollte. Die Polizeibeamten möchten oftmals rasche Ermittlungserfolge verbuchen. Diese werden daher nicht selten versuchen, Sie bei Ihrer Beschuldigtenvorladung zu einer Aussage zu überreden. Es ist daher eher ratsam, den Termin absagen zu lassen, als diesen selbst abzusagen. Bleiben Sie mit Ihrer Entscheidung, zu schweigen, standhaft. Dies gilt, auch wenn dies insbesondere als Unschuldiger schwerfällt. Aus einer Vernehmung, in der nur der Ermittler alle Einzelheiten – wie zum Beispiel bisherige Zeugenaussagen – kennt, können Sie als Beschuldigter nur als Verlierer hervorgehen. Die Vernehmungsbeamten sind in der Regel gut darin geschult, im Rahmen der Vorladung Widersprüche in Ihrer Aussage aufzudecken. Die Beamten könnten diese gar selbst zu konstruieren und Ihnen als Beschuldigter durch Vorhaltungen eine Aussage zu entlocken.

Oft gehen Beschuldigte zur Vorladung. Ihre eigenen Aussagen finden sie in einem Vernehmungsprotokoll häufig völlig verzerrt wieder. Auch die gezielte Manipulation von Akten durch Polizeibeamte ist in Deutschland traurige Alltagsrealität. Es ist daher sinnvoll, im (selten ratsamen) Fall einer Einlassung nach Akteneinsicht diese gemeinsam mit uns vorzubereiten und schriftlich abzugeben.

Für den Beschuldigten ist der Vorwurf einer Straftat und ein Ermittlungsverfahren oft ein absoluter Ausnahmezustand.

Warum ist es nicht sinnvoll als Beschuldigter bei der Polizei auszusagen? Auch nicht, wenn man unschuldig ist:

  • Schweigen ist Gold: Ein Schweigen darf und wird niemals gegen Sie gewertet. Alles was Sie sagen schon.
  • Es ist nichts zu spät, sondern höchstens zu früh: Eine Aussage kann nach Akteneinsicht abgestimmt und schriftlich immer noch gemacht werden, wenn das sinnvoll ist
  • Freie Würdigung: Alles was Sie sagen unterliegt später der freien Würdigung durch Staatsanwaltschaft und Gericht. Der Polizist entscheidet nicht.
  • Informationsgefälle: Sie wissen nicht genau, mit welchen Vorwürfen Sie konfrontiert werden
  • Voreingenommenheit des Ermittlers: Vielfach ist der Vernehmungsbeamte geschult und bereits davon überzeugt, dass Sie der Täter sind.
  • Falsche Protokollierung: Alles was Sie sagen, kann anders protokolliert werden als sie es meinen.
  • Ein falscher Satz: Mit nur einem ungünstigen Satz können Sie Verteidigungschancen zerstören, sich in einen Tatbestand „hineinreden“ oder nicht Erwiesenes einräumen
  • Eindrucksvermerk: Der Ermittler kann einen ungünstigen Eindrucksvermerk verfassen, auf den Sie keinen Einfluss haben

Sollten Sie eine Vorladung als Beschuldigter von der Polizei erhalten haben, zögern Sie daher nicht, sich an mich zu wenden. Ich kann Ihnen im Rahmen eines Erstgesprächs eine grobe Einschätzung geben und Einsicht in die Ermittlungsakten erhalten. Erst dann kann gemeinsam entschieden werden, ob eine Einlassung sinnvoll oder notwendig ist. Weiterhin kann ich für Sie den Termin zur Vorladung als Beschuldigter absagen.