Nach der tödlichen Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt steht im Raum, dass Stadtverwaltung und Polizei durch Versäumnisse im Sicherheitskonzept zur Tragödie beigetragen haben sollen. Der mögliche Vorwurf: Beihilfe zum Mord in fünf Fällen und Beihilfe zur Körperverletzung in mindestens 200 Fällen. Trotz der Vorwürfe und der dramatischen Folgen erklärte der Beigeordnete für Ordnung bei der Stadt Magdeburg Ronni Krug auf der Pressekonferenz: „Das Sicherheitskonzept war gut. Es mussten aber auch Rettungs- und Fluchtwege freigehalten werden.“ (?) Die Lücke im Sicherheitssystem bei der Absperrung befand sich wohl an einer fünf Meter breiten Zufahrt, durch die der Fahrer Taleb A. mit seinem Auto ungehindert auf den Weihnachtsmarkt gelangen konnte. Dabei tötete er fünf Menschen und verletzte etwa 200, einige davon schwer. Diese Lücke hätte wohl eigentlich durch eine mobile Polizeisperre geschlossen sein sollen. Neben der Glühwein-Pyramide war wohl ein querstehender Polizeitransporter geplant, der Angriffe mit Fahrzeugen verhindern sollte. Doch offenbar fehlte dieser Wagen wohl oder befand sich wohl an der falschen Stelle. Durch Absperrung, egal ob bewegliche Zäune, abgestellte Fahrzeuge oder Schranken, wäre die Amokfahrt wohl verhindert worden. Hinzu kommt und dem ist ebenfalls nachzugehen: Behörden in mindestens sechs Bundesländern sollen mit Taleb A. ihm zu tun gehabt haben. Es scheint im Hinblick auf den Täter und die von ihm ausgehende Bedrohung ein Gesamterkenntnisdefizit und ein Problem beim Zusammenführen der verschiedenen Informationen gegeben zu haben. Immerhin soll es Gefährderansprachen gegeben haben: In einer schriftlichen Gefährderansprache wird aus einer E-Mail von Taleb A. an die Kölner Staatsanwaltschaft zitiert, in der es heißt: “Daher habe ich kein schlechtes Gewissen für die Ereignisse die in den nächsten Tagen passieren werden (…).” Durch die Behörden waren die Worte offenbar als abstrakte Drohung gewertet worden. In dem versandten Gefährderanschreiben heißt es dazu: “Auch wenn Sie in diesem Fall keine konkreten Konsequenzen angedroht haben, werden Sie hiermit aufgefordert Schreiben in dieser Form zu unterlassen. Diese könnten unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen mit sich ziehen.”
Kommt es hier zu jahrelangen Verfahren, die am Ende eingestellt werden?
Das Verfahren um das tödliche Gedränge beim Loveparade-Festival am 24. Juli 2010 hatte im Dezember 2017 begonnen. Die Loveparade-Tragödie in Duisburg vor knapp zehn Jahren war eines der schwersten Unglücke in Deutschland seit Jahrzehnten. 21 Menschen kamen durch ein entsetzliches Gedränge am einzigen Zu- und Abgangsbereich des eingezäunten Veranstaltungsgeländes ums Leben. Zunächst mussten sich zehn Angeklagte unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verantworten. Im Februar 2019 wurde der Strafprozess gegen sieben Angeklagte ohne Auflagen eingestellt. Gegen drei weitere Mitarbeiter der Veranstalterfirma Lopavent wurde das Verfahren fortgesetzt, weil sie eine Einstellung des Prozesses abgelehnt hatten. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Vorschlag des Gerichts zugestimmt, das Verfahren einzustellen. Nach Ansicht der Anklagebehörde sind die Ursachen für das Unglück geklärt. Zudem verjährt der Vorwurf der fahrlässigen Tötung am 27. Juli, ein Abschluss des Prozesses bis dahin sei unwahrscheinlich. Für eine Fortsetzung des Verfahrens um die Loveparade hatten die Opfer-Anwälte plädiert: Erst nach der Anhörung des gerichtlich bestellten Gutachters Jürgen Gerlach könnten in einem Rechtsgespräch der Fortgang des Loveparade-Verfahrens und gegebenenfalls dessen Einstellung erörtert werden. Die Nebenkläger und ihre Vertreter erhofften sich von dem Gutachten „Struktur und Durchblick im Dickicht des sich mehrfach überlagernden, multikausalen Geschehens“.